Frau Möbius danke, dass Sie Zeit für uns haben. Wie wichtig ist Selbstliebe für unsere Persönlichkeit?

Wenn es nur einen Satz gäbe, den ich jemandem sagen könnte, dann wäre es dieser: Liebe dich selbst so, als hinge dein Leben davon ab. Denn genau das tut es! Aber ich habe nicht nur einen Satz, deshalb sage ich auch: Selbstliebe ist die Basis in Hinblick auf konstruktives Verhalten, auf das eigene Wohlbefinden und für eine gute Lebensart in dem Sinne, dass man ein erfülltes und erfolgreiches Leben führt. Selbstliebe ist die grundlegende Einstellung sich selbst gegenüber. Selbstliebe lässt meine Persönlichkeit auch dadurch wachsen, dass ich Nein sage, indem ich mich davon befreie, was mir nicht guttut und nicht gesund ist für mich, was ich nicht will, was mich wegzieht von mir selbst, was mich hemmt, blockiert oder kleiner macht – ob das Menschen sind, Situationen oder Dinge. Selbstliebe ist also auch Achtsamkeit, Wertschätzung, Wohlwollen sich selbst gegenüber, und ja, auch Herzlichkeit sich selbst gegenüber – die so vielen Menschen fehlt! Selbstliebe ist auch ein 1. Reihe Ticket – denn da gehört jeder hin in seinem Leben, und nicht nach hinten oder auf die Ersatzbank. Aber Selbstliebe kann noch so viel mehr – immerhin habe ich ein ganzes Buch über die Effekte von Selbstliebe und deren Auswirkungen auf unsere Persönlichkeit, auf unsere Potenziale und auf die gesamte Qualität unseres Lebens geschrieben. Selbst die Art wie wir reden, also unsere Kommunikation, die Qualität unserer Ziele oder unserer Beziehungen zu anderen, wird von Selbstliebe beeinflusst.

Sie haben ein Buch zur Selbstliebe geschrieben. Fällt es aus Ihrer Sicht vielen Menschen schwer, Selbstliebe zu entwickeln? Und warum ist das so?

"Nimm dich selbst nicht so wichtig!", "Sei nicht so arrogant!", "Lass mal die anderen vor!", oder "Du musst nicht das größte Stück nehmen!" – Sätze wie diese haben kein gutes Werk an den meisten Menschen getan. Uns wurde und wird beigebracht, uns permanent zurückzunehmen, bei allem hinten anzustellen und uns selbst kleiner und schlechter darzustellen, als wir sind. Ja, uns wurde von Kindesbeinen an aufoktroyiert, die Erwartungen anderer zu erfüllen, statt die eigenen, und mehr Ja zu anderen als zu uns selbst zu sagen. Das direkte Umfeld der meisten Menschen trägt leider auch nicht dazu bei, an sich selbst zu denken und den eigenen Wünschen und Bedürfnissen nachzugehen, denn da herrscht oft Gruppendynamik, die nicht mit Selbstliebe in Einklang zu bringen ist. Denn bei all dem "wir" hat "ich" keinen Platz. Bei meinen Vorträgen und Seminaren frage ich immer: "Wie oft trainieren Eiskunstläufer?" – dann lautet die einhellige Antwort: "Täglich!". Wie oft trainieren die Menschen Selbstliebe? Gar nicht. Die Basis für Selbstliebe ist Selbstakzeptanz – aber um mich zu akzeptieren, wie ich bin, muss ich mich erst einmal richtig gut kennen! Die meisten Menschen beschäftigen sich mit allem, nur selten oder gar nicht mit sich selbst. Das alles zusammen ergibt ein trauriges Hamsterrad.

In der Gesellschaft spricht man oft leicht verächtlich von Selbstverliebtheit. Ist Selbstverliebtheit und Selbstliebe das Gleiche? Wenn nein, wo hört das eine auf und fängt das andere an?

Unwissenheit und Ängste bringen oft verächtliche Äußerungen hervor, anstatt mal Fragen zu stellen oder sich über das Thema zu informieren. Leider haben wir nur zu oft in Stein gemeißelte Ansichten, die aber häufig weder uns selbst noch anderen dienlich sind. Es gibt auch kein: Wo hört das eine auf und fängt das andere auf, weil es keine Verbindung gibt. Selbstverliebtheit und Selbstliebe liegen definitiv auf zwei verschiedenen Planeten. Selbstverliebte Menschen sind egoistisch. Menschen, die sich selbst lieben, sind sozial. Der große Unterschied zwischen Selbstliebe und Egoismus besteht darin, dass wir für Selbstliebe niemanden brauchen. Sie hat nur mit uns selbst zu tun, sie ist eine "One-Man-Show" und ein "Inside-Job". Während der Selflover keinen anderen braucht, braucht der Egoist andere, weil er von ihnen erwartet oder gar fordert, dass sie etwas für ihn tun, das seine selbstgemachten Defizite kompensiert. Während Selbstliebe uns dazu befähigt, Empathie zu empfinden und wertschätzend und sozial mit unseren Mitmenschen umzugehen, schließt Egoismus bewusst andere Menschen von Vorteilen aus.

Was macht Menschen aus, die zu wenig Selbstliebe haben?

Menschen, die sich nicht oder nicht genug selbst lieben, fehlt etwas ganz Elementares, nämlich die Wertschätzung der eigenen Persönlichkeit und die Zufriedenheit mit sich selbst. Und wenn ich die Menschen da draußen so beobachte, dann fehlt das wohl den meisten. Ja, mangelnde Selbstliebe ist die wahre Pandemie unserer Zeit. Menschen, die zu wenig Selbstliebe haben, nehmen auch alles schnell persönlich, weil sie sich sofort angegriffen oder abgelehnt fühlen. Das führt nicht selten dazu, dass sie nicht nur in herausfordernden Momenten, sondern auch in normalen Alltagssituationen schweigen oder gar mauern, oder sie reagieren mit Wutausbrüchen und kindlichem Trotzverhalten – all das zeigt, dass die emotionale Zündschnur sehr kurz und ihre Gefühlswelt aufgrund fehlender Bejahung sich selbst gegenüber recht instabil ist. Menschen mit mangelnder Selbstliebe sind geprägt von Zweifeln, insbesondere Selbstzweifeln, von Unsicherheiten und Versagensängsten. Dazu kommt eine gesteigerte Angst, von anderen nicht gemocht zu werden, was wiederum zu Blockaden im eigenen Verhalten führt, die es schwer oder gar unmöglich machen, gute, unkomplizierte Beziehungen oder auch eine glückliche Partnerschaft zu haben. Denn die Beziehung, die wir zu uns selbst haben, ist die Blaupause, wie unsere Beziehungen zu anderen sind. Menschen mit fehlender Selbstliebe sind einfach nicht im reinen mit sich, ihnen fehlen echte Lebensfreude und Begeisterung – ob für sich selbst, für andere, für die Welt und das Leben.

Was raten Sie jemandem, der mehr Selbstliebe entwickeln möchte? Kann man an sich selbst arbeiten?

Jeder kann an sich arbeiten, wenn er es denn will! Und die Macht, etwas für sich selbst zu verändern, liegt auch nur bei jedem selbst. Der Schlüssel heißt Aktivität! Ich höre oft die überstrapazierte Ausrede: „Keine Zeit!“ oder „Ach, ein Buch kaufen ...“ Ob uns etwas was wert ist, erkennen wir daran, wie viel Zeit und Geld wir investieren. Die Menschen haben Zeit für Facebook, Geld für Netflix und stehen in 2-er Reihe vor TK Maxx – sie haben also viel Zeit und Geld übrig für das Außen, aber nicht für das Innen. Aber ich habe richtig gute Nachrichten für alle, die zum Selflover werden wollen: Denn Selbstliebe ist lernbar! Und zwar für jeden. Ich will auch nicht über Umstände oder Schicksal reden oder darüber, ob jemand von sich selbst glaubt, dass er ein Glückskind oder ein Pechvogel ist, sondern es geht darum, dass jeder eine Wahl hat, sich aktiv für Selbstliebe zu entscheiden. Und jeder, der das möchte, kann sich auch für eine gewinnbringende Kooperation mit mir entscheiden, denn in meinem Buch „Selbstliebe für dummies“ habe ich eine so unglaubliche Vielfalt an Tipps, Checklisten, Übungen, Geschichten und Alltagsbeispielen zusammengestellt, dass für jeden etwas dabei ist, unabhängig davon, wo jemand gerade steht oder welches Alter er hat. Also: Werde aktiv! Denn vom Durchlesen und zustimmenden Nicken wird nichts passieren. Die Dinge wollen ausprobiert werden. Und meine Strategien, Tipps und Übungen funktionieren – versprochen.

Gerade, wenn man unsicher ist, ist es wichtig baldige Erfolge zu sehen, um sich nicht entmutigen zu lassen. Gibt es ein paar schnelle Tipps oder Übungen, mit denen sich schnell Selbstliebe aufbauen lässt?

Es gibt immer ein paar schnelle Tipps und Übungen, die auch sofort etwas bewirken. Nur gebe ich immer zu bedenken, dass wenn etwas langfristig gelingen soll, es ohne Dranbleiben und Wiederholen nicht funktionieren wird. Es geht ja auch nicht darum, Übungen und Tipps zur Selbstliebe einmal zu machen, sondern es geht darum, Selbstliebe zum Lebenskonzept zu machen. Okay, aber hier kommen ein paar schnelle Tipps und damit möchte ich jetzt jeden persönlich ansprechen: Ich empfehle als tägliches Morgenritual vor den Spiegel zu treten, dich selbst anzusehen und laut auszusprechen: "Ich liebe mich!" Und wenn das noch nicht so gut funktioniert, dann starte mit: "Ich mag mich!". Die tägliche Wiederholung wird es bringen und irgendwann glaubst du es und irgendwann fühlst du es auch. Die meisten Menschen haben das traurigerweise noch nie gemacht. Und du musst dir auch nicht doof dabei vorkommen, denn es gibt nichts Schöneres und nichts, was sich besser und stimmiger anfühlt, als sich selbst zu mögen oder noch besser, zu lieben. Und noch ein Tipp: Bitte verwende keine schlechten oder abwertenden Worte dir selbst gegenüber oder wenn du mit anderen über dich sprichst – ein absolutes Tabu! Ein weiterer Tipp: Meide unbedingt negative Menschen – das sind arge Feinde der Selbstliebe! Und sage dir selbst bei allem Schönen, was du siehst und was du für dich in Anspruch nehmen kannst: "Ich bin es wert!"

Liebe will gepflegt werden, damit sie wächst. Haben Sie vielleicht noch einen ganz persönlichen Tipp, wie wir uns selbst zwischendurch unsere Liebe zeigen können?

Mein ganz persönlicher Tipp? Selbstliebe in den Alltag bringen! Denn der Alltag macht den größten Teil unseres Lebens aus. Und dafür ich habe nicht einen Tipp, ich habe sogar 30(!) ganz persönliche Tipps, denn ich habe einen 30-Tage-Selbstliebe-Kalender erstellt – der hat nur nicht mehr ins Buch gepasst. Der 30-Tage-Selbstliebe-Kalender ist randvoll mit wunderbaren Aufgaben, effektiven Affirmationen und richtig schönen Me-Time-Aktionen – also 30 days of selflove! Die optimale Ergänzung oder Einstimmung zum Buch! Einfach den Selbstliebe-Kalender gratis downloaden unter www.violamoebius.com/selbstliebe. Und dann kann jeder sofort starten – denn es gibt keinen Grund, Selbstliebe aufzuschieben!

 

Über die Autorin

Viola Möbius ist Speakerin, Edutainerin und Autorin. Sie war Gastdozentin an verschiedenen Bildungseinrichtungen und ihre Vorträge haben sie bis ins Regierungsviertel und zu namhaften Unternehmen gebracht. Seit 2013 ist sie zudem mehrmals im Jahr als Edutainerin weltweit auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Seit 2019 ist Viola Möbius auch zertifizierte Kriminologin. Ihre Ansichten sind oft in den Medien gefragt. Ihre ersten Werke waren Ideenscripts für Drehbücher, sie schreibt Selbstoptimierungsratgeber und Krimis und hat ihren eigenen Verlag gegründet. In ihren Ratgebern und Programmen greift sie Themen rund um Persönlichkeitswachstum auf.